Sportlerportrait: Manuela Greier
„Das war heute nicht so mein Tag, aber ich wollte halt unbedingt auf der Haus- und Hofstrecke unseres Vereins ein gutes Ergebnis abliefern“, so Manuela Greier vom TSV Hollstadt kurz nach Überqueren der Ziellinie. Zehn harte Kilometer Herbstlauf haben ihrem zarten Körper einiges abverlangt und sie fast zum Aufgeben gezwungen. „Gott sei Dank haben mich Daniela Schneyer und Monika zum Durchhalten animiert und sind fast die Hälfte des Rennens mit mir zusammen gelaufen. Das ist halt das Schöne am Rhön-Grabfeld-Cup – wir halten alle fest zusammen und unterstützen uns gegenseitig“, schwärmt die 41-jährige.
In diesem Jahr ist die Hollstädter Läuferin in nahezu allen Rennen in der Frauenwertung an vorderster Spitze mitgelaufen, hat zahlreiche Podestplätze erklommen und steht bereits als Gesamtsiegerin der W40 fest. Diese Leistungen hätte die zierliche Blondine vor vier Jahren selbst kaum für möglich gehalten, denn damals brach die Katastrophe über sie herein, sie erhielt nahezu aus heiterem Himmel die Diagnose – Darmkrebs. „Ich bekam die schreckliche Nachricht und musste wenig später den Kommunionunterricht für meine älteste Tochter und deren Klassenkameradinnen abhalten“, erinnert sich Manuela Greier heute. „Zunächst habe ich die Gedanken über die Folgen weit von mir geschoben, aber als mein Mann Klaus nach Hause kam, brachen alle Dämme“. Ausgerechnet sie, die sich immer gesund ernährt hatte, nicht rauchte und ihr Leben lang Sport betrieben hatte, sollte nun diese bösartige Krankheit in sich tragen?
Doch viel Zeit zum Hadern mit dem Schicksal blieb nicht, sie holte sich Rat bei verschiedenen Ärzten, unter anderem beim Kinderarzt ihrer Töchter. Der setzte alle Hebel in Bewegung und verschaffte ihr sofort einen Termin bei einem Professor in Bad Neustadt um die nächsten Behandlungsschritte in die Wege zu leiten. Nach der Operation, bei der der Tumor und ein Stück Darm entfernt wurden, musste sie Chemotherapie über sich ergehen lassen, insgesamt 12 in kurzen Abständen. „Ich hatte wahnsinnige Muskelschmerzen und Kribbeln am ganzen Körper, wurde über Sonden ernährt und habe immer gefroren. Auch für meine Familie war das eine ganz schreckliche Zeit“, berichtet die gelernte Bankkauffrau. „Am schlimmsten aber war für mich der künstliche Darmausgang, den ich drei Wochen lang tragen musste“. In den Zeiten der Chemopause riet ihr der behandelnde Arzt zu Bewegung, da man dadurch die aggressiven Medikamente besser vertrage und sich das Blutbild schneller stabilisiere. Dabei war Manuela Greier anfangs so schwach, dass sie nur am Arm ihres Mannes einen kleinen Spaziergang machen konnte. Doch bereits in der Reha kam sie wieder zu Kräften und wagte kleine Joggingrunden. „Ich war schon als Kind immer sportlich aktiv, habe von meinem Vater die Sportleidenschaft geerbt, das kam mir während und nach der Krankheit zugute“, glaubt die Kämpfernatur. „Doch ohne den Rückhalt meiner Familie, den Eltern und Geschwistern, aber auch den Freunden im Verein, hätte ich das alles nicht so gut verkraftet, sie waren alle eine wertvolle Stütze“.
Zwar gibt es immer wieder kleine Rückschläge, doch im Großen und Ganzen gehe es ihr sehr gut. Sie fühle sich wohl, esse fast alles auf was sie mal eben so Lust habe, auch mal eine „fette Bratwurst“. „Als geheilt möchte ich mich aber dennoch nicht bezeichnen, da mir der Darm immer wieder kleinere Probleme bereitet, aber damit kann ich leben“. Beruflich hat sie seit vielen Jahren umgesattelt und ist als Fitness-Trainerin voll ausgelastet, fast täglich hält sie Gesundheits- und auch Ernährungskurse in einem Sportstudio.
Über das Unverständnis von so manchem Mitmenschen ihrer Laufleidenschaft gegenüber kann das Temperamentsbündel nur schmunzeln: „Da steh ich drüber, ich weiß doch was mir gut tut und was nicht. Ich habe eine schwere Zeit durchgemacht, nun bin ich stolz auf meine erreichten Leistungen, das kann mir keiner nehmen“.
Als großes läuferisches Ziel steht noch ein Start bei einem Marathon auf dem Wunschzettel von Manuela Greier. „Schau’n wir mal, ob sich das in nächster Zeit realisieren lässt“, meint sie mit einem Augenzwinkern. Zuzutrauen wäre es ihr!
Michaela Greier